Renaissance

Entre nous, Isabella Feimer!

Isabella, wo hast Du Dein neues Buch geschrieben?
Nebst einer intensiven Schreibphase in meinem Zuhause in Wien hatte ich für «Stella maris» die wunderbare Gelegenheit, direkt vor Ort in Rom und Paris zu arbeiten. Die Essenz der Recherche, die Stadtatmosphäre und so manche Begebenheit, ganz zufällig, sind auch in den Text eingeflossen. In Wien habe ich dann vor allem die Passagen, die im Raumschiff spielen, geschrieben und das Recherchierte ausgearbeitet.

Worum geht es, Deiner Meinung, nach in Deinem Buch?
«Stella maris» ist eine Art Endzeitgeschichte. Die Erde ist aufgebraucht, ein verlorener Planet, und die Menschheit will auf anderen Planeten ein neues Zuhause finden. Erzählt ist die Geschichte aus der Sicht einer unsterblichen Protagonistin, die in der Renaissance geboren wurde und die Erde immer wieder aufblühen und untergehen gesehen hat.
Für mich geht es darum, ein Bild über das Menschsein zu zeigen, darüber, wozu das Individuum fähig ist, im Guten wie im Schlechten, in der Liebe wie im Krieg. Es geht um Gewalt und darum, was man der Gewalt und dem nahenden Untergang entgegensetzen kann, und ob das gelingt … wenn der Mensch zum Tier wird, alle seine Hüllen fallen lässt, was dann?

Welche Themen, Geschichten, Diskurse interessieren Dich zurzeit grundsätzlich?
Zurzeit ist es die politische Entwicklung der Welt, die meine Gedanken nicht loslässt. Ich frage mich oft, und das nicht ohne Angst, aber auch nicht ohne des Wissens über den Mut zum Widerstand, wohin sich das alles bewegen wird, Trump, Putin, die wachsende Rechtsradikalität in den europäischen Staaten. Das ist beunruhigend, und all das stellt manchmal die Sinnhaftigkeit des künstlerischen Arbeitens in Frage, der Beschäftigung mit den individuellen Themen. Hier ist es das Zwischenmenschliche, aber auch sehr das Thema Einsamkeit, dem ich auf den Grund gehen will. Ich will thematisch in Abgründe schauen, um herauszufinden, was dahinter ist.

Sind diese Themen für Dich neu oder eher ein Leitmotiv in Deiner Arbeit?
Das Politische spreche ich in meiner Arbeit direkt immer weniger an, Gesellschaftskritik hingegen sehr. Ich glaube, dass die Kunst, deren wirksamstes Mittel die Überhöhung ist, sehr wohl etwas bewegen und verändern kann. Das Zwischenmenschliche ist immer ein Thema. Das Aufeinanderprallen von Individuen. Auch die Einsamkeit, auch Gewalt, vielleicht auch das «abnorme» oder besondere Leben. Es ist die Frage nach dem Sein. Existenz ist wohl der gemeinsame Nenner.

Mit welchen Gefühlen schaust Du auf die Niederschrift zurück?
Ich bin sehr glücklich, dass ich «Stella maris» geschrieben habe, nicht nur deshalb, weil ich endlich den Hauch Science-Fiction geschrieben habe, wie es schon lange mein Wunsch war, sondern auch deshalb, weil es mir für mich gelungen ist, komplexe Handlungsstränge zwischen Zeit und Raum und deren Negation zu verknüpfen und mich sprachlich wieder ein Stück weiterzuentwickeln. Ich mag den Text, weil ich meine Hauptfigur mag. Eva ist liebend und kämpfend, sie kann entzückend sein, aber auch kompromisslos und gemein, und ich mag es, dass sie hart mit der Welt ins Gericht geht. Und ich hatte mit dem Text eine bewegende Zeit.

Hegst Du bestimmte thematische Erwartungen an die Rezeption des Buchs?
Ich hoffe, dass in der Rezeption das politische Moment des Textes gesehen wird, dass es um mehr geht, als um die Geschichte der Hauptfigur. Dass auch das Stilistische gesehen wird, und meine Abwendung vom Narrativ. Ansonsten kann man sich nur überraschen lassen, oder? Ich bin gespannt …

Wie würdest Du es einordnen in die Reihe Deiner Bücher?
«Stella maris» stellt in meiner literarischen Arbeit sowohl einen Endpunkt als auch den Beginn von etwas Neuem dar, was es für mich zu einem besonderen Buch macht. Ich weiß, dass ich mit diesem Text eine bestimmte Art des Arbeitens abgeschlossen habe, eine Herangehensweise vielleicht, an Geschichten, an das Erzählen per se, und dass darin aber auch schon etwas steckt, das sich von nun an weiterentwickeln kann, das nun wächst. Dieses Buch zu schreiben, war der Beginn einer neuen Herausforderung.

Isabella Feimer, «Stella maris»,
Braumüller Verlag, Wien 2017, geb., 208 Seiten.

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