Von der Wiederkehr

Entre nous, Franzobel!

Franzobel, wo hast Du Dein neues Buch geschrieben?
Ich schreibe prinzipiell liegend, also meist im Bett, weil ich mich dort geborgen fühle und den Körper am besten vergessen kann. Für «Das Floß der Medusa» war ich allerdings sowohl in Frankreich an der Atlantikküste als auch in Saint Louis im Senegal. Außerdem war ich während des Schreibens, hauptsächlich um meine Frau, die Schauspielerin ist, zu begleiten, aber auch um selbst ein paar Lesungen zu halten, in Japan, Neuseeland, Australien, New York, Norwegen, Italien und auf Sylt – also ziemlich auf der ganzen Welt. Und wann immer es gegangen ist, habe ich Schiffsreisen gemacht.

Worum geht es, Deiner Meinung nach, in Deinem Buch?
Im Kern geht es um den Überlebenskampf von 150 Menschen auf einem Floß mitten auf dem Atlantik. Warum 15 von ihnen zwei Wochen ärgster Strapazen überleben und die anderen nicht. Es geht aber auch um menschliche Schwächen: Eitelkeit, Stolz, Unfähigkeit und um die Frage, wie weit man geht, um zu überleben.

Welche Themen, Geschichten, Diskurse interessieren Dich zurzeit grundsätzlich?
Mich interessieren immer die großen Themen: Was ist der Sinn des Lebens? Liebe? Glück? Warum handelt der Mensch in gewissen Situationen so und nicht anders? Warum rennen manche sehenden Auges in die Katastrophe oder machen sich schuldig? Warum passiert das, was passiert? Und natürlich die Sprache? Was bleibt, wenn man sie lange genug durch den Fleischwolf dreht?

Sind diese Themen für Dich neu oder eher ein Leitmotiv in Deiner Arbeit?
Beim «Floß der Medusa» ist neu, dass es nicht mehr um Österreich geht, woran ich mich die letzten 25 Jahre abgearbeitet habe. In Romanform ist auch neu, dass ich ein historisches Thema behandle, also eine neue Wahrheit für eine bereits vorhandene Geschichte erschreibe. Sonst ist alles im Laufe der Jahre gewachsen.

Mit welchen Gefühlen schaust Du auf die Niederschrift zurück?
Mit Erleichterung. Ich weiß noch um meine Zweifel zu Beginn der Arbeit. Es war wie bei einer gewagten Expedition, bei der ich nicht wusste, ob sie einen glücklichen Ausgang nimmt, es eine Wiederkehr gibt.

Hegst Du bestimmte thematische Erwartungen an die Rezeption des Buchs?
Nein, da lasse ich mich überraschen. Ich bin natürlich um jedes positive Lektüreerlebnis froh, versuche aber auch, die Kritik nicht zu wichtig zu nehmen, weil Erfolg macht selbstgefällig und Misserfolg lähmt. Das sagt sich allerdings leichter, als es dann tatsächlich ist.

Wie würdest Du es einordnen in die Reihe Deiner Bücher?
Als Meilenstein.

Franzobel, «Das Floß der Medusa», Roman,
Paul Zsolnay Verlag, Wien 2017, geb., 592 Seiten.

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