Vorm Atlantik

Entre nous, Manuel Karasek!

Manuel, wo hast Du Dein neues Buch geschrieben?
Ausschließlich in meiner Wohnung, in einem stark verinnerlichten Zustand, den man beinahe als «rein» bezeichnen könnte.

Worum geht es, Deiner Meinung nach, in Deinem Buch?
Es handelt sich bei dem Roman «Mirabels Entscheidung» um eine Chronik, die Figuren im Kontext von zwei unterschiedlichen gesellschaftlichen Prozessen zeigt. Der Text hat die Struktur eines Familienromans, in dem zwei kulturelle Sphären – Venezuela und die Bundesrepublik während der Fünfziger, Sechziger und Siebziger Jahre – durchleuchtet werden. Anhand der Figuren geht es um einen Entmythologisierungsprozess der Vorstellung von Heimat – auf dem Hintergrund bestimmter kollektiver Erfahrungen im 20. Jahrhundert. Sich fremd zu fühlen, ist hierbei ein existenzieller Zustand.

Welche Themen, Geschichten, Diskurse interessieren Dich grundsätzlich?
Momentan beschäftige ich mich mit Biografien von Pianisten. Interessant dabei ist, wie einzelne Künstler mit einem kapitalistischen Musikmarkt umgehen, der sich, strukturell gesehen, nicht groß unterscheidet vom Markt für Literatur. Beispielsweise hält die portugiesische Pianistin Joao Maria Pires Kunst und Kommerz für unvereinbar. Das spiegelt eine Position wieder, die ich selber vertrete – und die häufig für Irritation sorgt.

Sind diese Themen für Dich neu oder eher ein Leitmotiv in Deiner Arbeit?
Eher ein Leitmotiv. Ich bin allerdings früher mit der Zwangslage des Künstlers unter industriellen Bedingungen anders umgegangen.

Mit welchen Gefühlen schaust Du auf die Niederschrift zurück?
Mit glücklichen! Als ich die ersten sieben Seiten schrieb, hatte ich das Gefühl, endlich den Sound gefunden zu haben, der für diese Geschichte angemessen ist. Dieser Zustand hielt tatsächlich zwei Jahre lang.

Hegst Du bestimmte thematische Erwartungen an die Rezeption Deines Buchs?
Nein. Wie man ein Buch liest, das entscheidet der Leser.
Wie würdest Du es einordnen in die Reihe Deiner Bücher?
Als wichtig. Der Stoff lag in den Schächten meiner Seele und wartete dort mehrere Jahrzehnte auf seine Verwertung.

Manuel Karasek, «Mirabels Entscheidung», Roman,
Verbrecher Verlag, Berlin 2017, geb., 248 Seiten.

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