They've got an awful lot of coffee in Brazil

Das Entdecken erfinden mit Hugo Loetscher

Eine beglückende Lektüre ist Hugo Loetschers noch eigenhändig vorgenommene Auswahl seiner Brasilienreportagen aus den Sechziger und Siebziger Jahren; sehr lesenswert, weil sie uns exemplarisch vorführt, wie Momentaufnahmen undatierte Gültigkeit erlangen können, durch den Einzug nämlich des Journalistischen ins Literarische.
Loetscher ist auch in seinen Gebrauchstexten ein unprätentiös Reisender, der sich im Hintergrund hält, obschon er sich selbst durchaus zum Thema seiner Reisen macht.
Man trifft in den vornehmlich im Zürcher Tages-Anzeiger und in der NZZ erstveröffentlichten Reportagen Loetschers auf Befreiungstheologen und Missionare, Aktivisten und Revolutionäre, hat grandiose Wunschvorstellungen von einer tief empfundenen Exotik und immunisiert sich gleich wieder dagegen – ganz so wie jener als «Der Immune» apostrophierte notorische Romanheld Loetschers –, und dringt allmählich zum Eigentlichen vor, zur brasilianischen Variante der condition humaine.
Ich sehe den Kosmopoliten Hugo Loetscher noch vor mir, wie er gemächlich durchs Zürcher Niederdorf oder die Limmat entlang spazierte, auf seinem blauen Pullover Indizien aus der noblen Küche der «Kronenhalle», sehe sein zuvorkommendes Lächeln. Er hatte Humor, wie jede Person von Welt, und dieser Humor findet sich auch in diesem wundervollen Nachlassbuch wieder. Lesen!

Dana Grigorcea

Hugo Loetscher, «Das Entdecken erfinden. Unterwegs in meinem Brasilien», Essay, Diogenes Verlag, Zürich 2016, geb., 384 Seiten.

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