Demokratie braucht Müßiggang

Entre nous, Martin Prinz!

Martin, wo hast Du Dein neues Buch geschrieben?
Als ich an Die letzte Prinzessin zu arbeiten begann, schrieb ich an jedem Schreibtisch, der Platz für ein großes Notizbuch und mein Notebook bot. Zuerst einen halben Winter lang auf der Turracher Höhe, in den Alpen. Dann in zwei Schreibklausuren in der beschaulichen Stadt Klagenfurt. Am Ende saß ich in meiner Küche, ohne Tisch, mit dem Notebook auf dem Schoß. Die letzten 70, 80 Seiten tippte ich binnen einer Woche, ohne Notizen, mit dem ganzen Schwung des hinter mir liegenden Textes.

Worum geht es, Deiner Meinung, nach in Deinem Buch?
In meiner Prinzessin erzähle ich von einer Frau, an deren Haut von früh an der Tod klebt. Sie versucht, sich zu wehren, sie versucht es mit Gewalt, immer wieder. Diese Gewalt ist eine Sehnsucht und Angst zugleich, wie wir sie alle kennen. Nur ist es bei ihr extremer. So wie bei ihr, aufgrund ihrer Herkunft, alles extremer ist.

Welche Themen, Geschichten, Diskurse interessieren Dich zurzeit grundsätzlich?
Ich spüre, wie die Welt, wie wir sie kennen oder zu kennen glauben, auf der Kippe steht. Ich glaube, dass ein Gutteil der Krise von den Verkürzungen, der Atemlosigkeit und der Marktschreierei unserer Gesellschaft herrührt. Auf dieser Basis kann Demokratie nicht bestehen, damit wird lediglich das Autokratische stärker. Denn Demokratie braucht Müßiggang. Einer der Orte, an der sich solche Freiheit zurückerobern lässt, ist die Literatur.

Sind diese Themen für Dich neu oder eher ein Leitmotiv in Deiner Arbeit?
Instinktiv war ich immer sicher, dass das Politische bei weitem nicht in Verlautbarungen, Thesen oder banaler Gleichnishaftigkeit liegt. Mich hat in der Literatur immer nur das Existenzielle interessiert. Genau darin habe ich bereits meinen ersten Roman, Der Räuber, für ein politisches Buch gehalten und mich stets gewundert, dass dies in der öffentlichen Rezeption mit Ausnahme Wendelin Schmidt-Denglers kaum jemand so gelesen hat. Im Nachhinein freut mich das, da Literatur in ihrem Wesen ohnedies Schmuggelware ist.

Mit welchen Gefühlen schaust Du auf die Niederschrift zurück?
Ich denke dann an das Glück solcher Arbeit. Und muss mich manchmal zwicken, dass es mir vergönnt ist, solche Momente zu erleben.

Hegst Du bestimmte thematische Erwartungen an die Rezeption des Buchs?
Ich bin neugierig. Sehr neugierig. Ich bin der einzige, der als Leser nun nicht mehr in Frage kommt. Zu gut kenne ich jeden nächsten Satz, um darin im Lesen auf jene neuen, unerwarteten Bilder im eigenen Kopf zu stoßen, in denen ein Roman erst wirklich wird. Doch hoffentlich erfahre ich das eine oder andere Neue aus der Lektüre der anderen.

Wie würdest Du es einordnen in die Reihe Deiner Bücher?
Vielleicht ist Die letzte Prinzessin für viele ein weiteres meiner Bücher, das in eine völlig neue Richtung zu gehen scheint. Manches gibt dazu tatsächlich Anlass. Klarerweise ist das jedoch nur ein Ablenkungsmanöver.

Martin Prinz, «Die letzte Prinzessin», Roman,
Insel Verlag, Berlin 2016, geb., 340 Seiten.

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