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	Entre nous, José F. A. Oliver!
José, wo hast Du Dein Buch geschrieben?
Die ersten Notizen und	Notate	für «21 Gedichte aus Istanbul, 4 Briefe und 10 Fotow:orte» entstanden in Istanbul.	Im Spätsommer und Herbst 2013.	Zusätzliche	Einlassungen	auf	die	Textentwürfe	fanden	dann	an	sehr	unterschiedlichen	Orten	statt.	Auf	Mallorca,	in	einer	Schreibklausur,	unterwegs	im	Zug	und	schließlich,	die	letzten	Monate	vor	der	Publikation,	in	Hausach	im	Schwarzwald,	sprich	zuhause	an	meinen	diversen	Schreibtischen	und	Wörternischen.
Worum geht	es,	Deiner	Meinung,	nach	in	Deinem Buch?
Es	geht	um	vida	y	muerte,	um	Leben	und	Tod.	Es	geht	um	Liebe.	Nicht	nur	in	Istanbul.	Es	geht	um	meine	Wahrnehmungen,	meine	Gedanken	und	Gefühle in	der	Megalopolis	am	Bosporus	und	es	geht	(immer)	um	Menschen,	denen	ich	dort	begegnete.
Welche	Themen,	Geschichten,	Diskurse	interessieren	Dich	zurzeit	grundsätzlich?
Leben	und	Tod,	Lieben	und	Leben.	Leben,	L(i)eben	und	Tod	als	Menschheitsthemen.	Um	Wirklichkeiten	und	Sehnsüchte.	Um	Träume	und	Illusionen.		Politisch	und	sozial	reizen	mich	die	Auseinandersetzungen	um	die	„Migrationen“	dieser	Welt.	Am	Beispiel	Europas	und	Deutschlands.	Ich	denke	über	die	gesellschaftlichen	Formen	und	Inhalte	des	(so	glaube	ich,	möglichen)	Miteinanders	nach.	Spannend	finde	ich	auch	die	Diskurse	um	Begriffe	wie «Demokratie»	und «Kultur».	All	diese	seltsamen «Post»-Wörter	wie	in	Post-Demokratie	z.B.
Sind	diese	Themen	für	Dich	neu	oder	eher	ein	Leitmotiv	in	Deiner	Arbeit?
Nein,	das	sind	Themen,	die	mich	schon	immer	beschäftigt	haben.	Es	geht	immer	um	Identität	und	die	Positionierung	dieser	Identität	–	vielleicht	wäre	der	Plural	ja	besser:	der	Mensch	und	seine	Identitäten.
Mit	welchen	Gefühlen	schaust	Du	auf	die	Niederschrift	zurück?
Ich	habe	den	guten,	weil	inspirierenden	Eindruck,	dass	ich	mir	dort	selber,	meinen	Gefühlen	und	Gedanken,	durch	den	ausgedehnten	Aufenthalt	in	Istanbul	nähergekommen	bin	und	dass	ich	nun	meine	Erfahrungen	und	Erkenntnisse	mit	anderen	anhand	dieses	Buches	teilen	darf.
Hegst	Du	bestimmte	thematische	Erwartungen	an	die	Rezeption	des	Buchs?
Nein.	Ich	hoffe,	dass	es	wahrgenommen	und	gelesen	wird.
Wie	würdest	Du	es einordnen	in	die	Reihe	Deiner	Bücher?
Die	jüngste	Publikation	ist	ja	bekanntermaßen	immer	ein	unvergleichlicher «LieblingsBenjamin».	Ja,	ich	habe	mich	als	Dichter	wieder	einmal	neu	erfahren;	anders	ausgedrückt:	ich	habe	mich	wieder	einmal	mehr	erfunden,	wort-erschrieben,	her-	und	nachgedacht,	an-	auf-	und	umgefühlt.		Sich	weitergeschrieben	zu	haben,	schenkt	Neues,	bisher	Unerfahrenes.	Das	ist	wunderbar.
José F. A. Oliver, «21 Gedichte aus Istanbul, 4 Briefe und 10 Fotow:orte»,
Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2016, geb., 94 Seiten.