Kein Mensch kann sich von außen sehen

Entre nous, Walter Grond!

Walter, wo hast Du Dein neues Buch geschrieben?
In Aggsbach Dorf, in Wien und zu einem guten Teil im Zug. Frühmorgens im Wartesaal, und dann auf der Strecke nach Krems. Meistens zwischen Menschen, die wie ich zur Arbeit pendeln, vor ihren Laptops sitzen und froh sind, wenn niemand im Waggon telefoniert. Immer darauf bedacht, den Text auf mindestens einem Stick und einer externen Festplatte abzuspeichern.

Worum geht es, Deiner Meinung nach, in Deinem Buch?
Es geht in «Drei Lieben» darum, wie aus Liebenden Liebespaare werden. Und welche Muster dabei eine Rolle spielen, wie sich diese Muster tradieren – «fortpflanzen»; dann wie Liebespaare der Wirklichkeit trotzen, und wie sich das verhält zu den inneren und äußeren Kriegen.

Welche Themen, Geschichten, Diskurse interessieren Dich zurzeit grundsätzlich?
Mich interessiert seit meinem vierzehnten Lebensjahr, als ich mein erstes Gedicht in ein Heftchen schrieb, die Frage: Wer erzählt? Wer bringt uns dazu, dass wir für wirklich und für unwirklich halten, was wir wahrnehmen und erleben. Das halte ich für das Grundthema der Literatur. Dann interessiert mich, wie das ist mit Innen- und Außensicht. Kein Mensch kann sich von außen sehen, es gibt keine ideale Perspektive auf sich selbst. Also wie das ist mit der Fremde, mit dem Sich-Fremd-Fühlen. Und mit der Integration. Auch mit der Innovation – mit dem Einschluss des Ausgeschlossenen.

Sind diese Themen für Dich neu oder eher ein Leitmotiv in Deiner Arbeit?
Ich siedle jetzt schon lange meine Erzählungen an den Grenzen zwischen Okzident und Orient an. Ich kann mit diesen Grenzüberschreitungsgeschichten am besten ausdrücken, was mich bewegt. Es geht immer um ein grundsätzliches Ringen, um die Frage, ob und wie man existieren kann.

Mit welchen Gefühlen schaust Du auf die Niederschrift zurück?
Ich muss mich sehr strikt und diszipliniert vom Text trennen. Ich bin immer unzufrieden mit der Form und müsste eigentlich weiter verbessern und letztendlich den Text gegen das Erzählte wenden. Aber das macht keinen Sinn. Insofern muss ich die Niederschrift verlassen, mich von ihr abwenden.

Hegst Du bestimmte thematische Erwartungen an die Rezeption dieses Buchs?
Vielleicht, dass mein Plädoyer für Gelassenheit verstanden wird – als eine widerständige Tugend.

Wie würdest Du es einordnen in die Reihe Deiner Bücher?
Ich glaube, dass damit ein entspanntes Erzählen einsetzte. Mich weniger Abwehr treibt. Ich liebe die späten Dämmerungsbilder von Magritte. Das wäre ein Ziel.

Walter Grond, «Drei Lieben», Roman, Haymon Verlag,
Wien und Innsbruck 2017, geb., 168 Seiten.

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